Praller Theaterspaß mit Tiefgang bei „Ein Käfig voller Narren“

Jülicher Stadthalle wurde zur Musical Bühne
Von Hilde Viehöfer-Emde [26.04.2005, 10.19 Uhr]

Der Tanz im „Käfig voller Narren“. Foto: Wolfgang Emde

Der Tanz im „Käfig voller Narren“. Foto: Wolfgang Emde

„La Cage aux Folles“ – ein Käfig voller Narren ist ein Theaterstück, ein Musical, praller Bühnenspaß, ein Zeitbild, Gesellschaftskritik ....und noch einiges mehr. Oberflächlich betrachtet erlebt der Zuschauer ein farbenfrohes Musical mit viel Humor, Musik und Gags gespickt. Wer hinter die Kulissen schaut, entdeckt die Problematik, die im Thema liegt, die hier ihr gutes Ende findet. Er entdeckt aber auch eine Gesellschaft, die verlogen und feige ist. Die Handlung führt in das Milieu der Homosexuellen, in diesem Fall der Homos und der Tunten. Sauber wird in der Handlung zwischen den Homosexuellen differenziert, die Männer lieben und denen die lieber eine Frau wären, sich als solche fühlen und kleiden. Beiden wird gleichermaßen im Milieu Respekt bezeugt. Der Aufbau der Handlung bestätigt dies.

Der frisch verliebte Jean- Michel wurde von seinem leiblichen Vater Georges (Martin Herrmann) und dessen Lebensgefährtin Zaza, alias Albin (Mark Weigel), einem Transvestiten, großgezogen. Zaza zog das Kind wie ihr eigenes auf, da die leibliche Mutter Jaqueline ihren Sohn direkt nach der Geburt beim Vater aussetzte. Probleme ergeben sich erst bei den Heiratsplänen des Sohnes, da seine Schwiegereltern zu Besuch kommen, um die Familie des zukünftigen Schwiegersohnes kennen zu lernen. Wie aber verkauft man einem Politiker mit strengen konservativen Ansichten ein dergestaltes Familienleben? Die Lösung des Sohnes, die echte Mutter Albin gegen die leibliche Mutter für wenige Stunden auszutauschen, scheitert an normalen menschlichen Gegebenheiten.
Ende gut, alles gut... der Schwiegervater wird durch den Druck der wartenden Presse genötigt, in die Rolle eines Transvestiten zu schlüpfen, die eheunterdrückte Schwiegermutter hat endlich mal Spaß, das Brautpaar ist glücklich, das homosexuelle Paar kann in Frieden weiterleben. So schön so gut, die Problematik ist aufgerollt. Unserer Gesellschaft wird der Spiegel vorgehalten. Die Not der Menschen, die homosexuell sind, wird aufgerollt. Ihre Probleme, im Alltag, ihre problematische Stellung in der Gesellschaft, die sich heute leider immer noch nicht durch besseres Wissen und Toleranz erheblich verbessert hat wird deutlich. Eine Gesellschaft ist erst tolerant, wenn nicht mehr über schwarz und weiß, rot oder gelb, arm oder reich, homo oder hetero geredet wird. Aber gerade diese Nachdenklichkeit, die Auseinandersetzung mit diesem Thema machte das Musical so reiz- und gehaltvoll. Es wir bezeichnet als ein Musical „kunterbunt bis rosa“, es war mehr – es war tief schwarz bis hin zu den hoffnungsträchtigen Farben des Regenbogens.

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Den Schauspielern gelang die Gradwanderung zwischen der Vermittlung von ernster Thematik und Situationskomik. Sie brachten rasante Tanzszenen, perfekte Travestie, witzige Dialoge und besonders Cornelia Schönwald als Mme. Dindon wahnsinnige Situationskomik, die fast an pantomimische Clownerie grenzte. In den Gesangspartien beeindruckte zwar das ganze Ensemble nebst Band, aber herausragend war die Leistung von Martin Herrmann als Georges und Mark Weigel als Albin. Der Hauptsong „I am what I am I am my own spezial creation“ versinnbildlichte den Inhalt des Stückes und war ein Appell an Toleranz und einer Anklage an die Intoleranz. Verblüffend war die Vielseitigkeit des Ensembles, das ohne Probleme ständig in neue Rollen schlüpfte, der Wechsel von biederer Bourgoisie zur Travesti war innerhalb von Minuten vollzogen.
In einem fantasievollen, aber funktionellen Bühnenbild, das den jeweiligen Szenerien vor den Augen des Publikums angepasst wurde, fand die Handlung ihren Rahmen. Im ersten Teil hatte das Jülicher Publikum noch eine „Schwellenangst“ zu überwinden, im zweiten Teil ging es begeistert mit. Klatschen, Jubeln und Begeisterungskundgebungen animierten das Ensemble zu einer Großartigen Zugabe.


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