Wieviel sind 50 Prozent?

Der Wählerwille
Von Dorothée Schenk [28.05.2005, 16.12 Uhr]

Sicher: Die Zahlen sind eindrucksvoll: Im Jülicher Land stimmten satte 50 Prozent für die CDU und ihren Kandidaten Josef Wirtz. Stolz klopfen sich die Politiker auf die Brust, tragen Siegermienen zur Schau und demonstrieren Zufriedenheit. Grund haben sie dazu eigentlich nicht. Auch nicht im Jülicher Land, wo das Votum für die Christdemokraten noch deutlicher ausfiel als landesweit.

In aller Klarheit muss das Wahlergebnis heißen: 50 Prozent von 66 Prozent haben die Wahl entschieden. Über die Wahlbeteiligung – die im Jülicher Land auch 3 Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt liegt – ist bei dieser Wahl dank der Umwälzung und der Ankündigung des Bundeskanzlers zu Neuwahlen nicht laut gesprochen worden. Allenfalls statistisch macht sich der Wert bemerkbar.

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Gerade einmal auf ein Drittel der Jülicher Bevölkerung stützt sich der CDU-Kandidat – gleiches gilt natürlich für die CDU in NRW. Der Wählerwille ist nicht wirklich dokumentiert.
Politikverdrossenheit als Schlagwort auszugeben reicht nicht.

Immerhin scheinen sich mehr Menschen an der Demokratie beteiligen zu wollen als noch vor fünf Jahren: Im Wahljahr 2000 (siehe Wahlbeteiligung Landtagswahl NRW / Bundestagswahl seit 1949 im Vergleich) war der Tiefstand mit 56,7 Prozent erreicht. Erstmals 1995 sank die Beteiligung an der Landtagswahl unter 70 Prozent. Im Sinkflug begriffen war die Beteiligung seit den 1975, als sie ihren Höchststand mit 85 Prozent hatte.

Der Bestürzung über die mangelnde Wahrnehmung demokratischer Grundrechte, nämlich die Freiheit, wählen zu können, ist der Augenwischerei über beeindruckende Wahlergebnisse gewichen. Offenbar versteht sich das Volk nicht mehr als Souverän. Wenn die Parteien ein Interesse daran hätten, wäre es gut fraktionsübergreifend und wahlperioden-übergreifend einmal hier im Sinne der Demokratie anzusetzen.

Die Bundesregierung sagt: Im Herbst soll der Souverän entscheiden, wer regiert. Mal sehen, wie souverän sich diese Wahl darstellt.


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