Rede zur Preisverleihung, 4
Von Armin Laschet

Und mit Blick auf den diesjährigen Preisträger
füge ich hinzu:
Natürlich können auch Kunst und Kultur einen erheblichen Beitrag leisten, Integrationschancen zu verbessern.
Der Verein "Kultur ohne Grenzen", der heute ausgezeichnet wird, zeigt beispielhaft, wie das geht.

Auch als Landesregierung folgen wir dieser Einsicht in die Bedeutung von Kultur. In unserem Aktionsplan Integration fördern wir darum die kulturelle Praxis von Zugewanderten durch den Ausbau des Landesprogramms "Kunst und Kultur".

Wir wollen damit den Austausch zwischen hier lebenden Kulturgruppen aktiv unterstützen.
Schließlich kann Kunst Türen für einen Dialog zwischen den Kulturen aufstoßen. Sie kann den Blick über den Tellerrand ermöglichen.

Im kulturellen Dialog mit Zugewanderten können auch „Einheimische“ neue Perspektiven und Sichtweisen entdecken.
Und ich füge hinzu: Menschen mit Zuwande¬rungsgeschichte sind auch unter markt¬wirtschaftlichen Gesichtspunkten interessant für den Kulturbetrieb. Sie stellen eine stetig wachsende Zielgruppe für Kulturanbieter dar.
Das gilt besonders, wenn man sich die Alters¬struktur anschaut: Bei der türkeistämmigen Bevölkerungsgruppe liegt beispielsweise der Anteil der unter 25-jährigen bei 45 %, im Vergleich dazu bei den Deutschen nur bei 23 %.

Und auch das Interesse an Kunst und Kultur ist in bei den jungen Menschen hoch:
Nach dem 1. Jugend-Kultur-Barometer, der 2004 die kulturellen Präferenzen der 14 bis 25-jährigen in Deutschland untersuchte, ist das Interesse am Kulturgeschehen bei jungen Leuten deren beide Elternteile aus Deutschland kommen, mit 25 % sehr groß.
Bei jungen Leuten mit Elternteilen aus einem anderen Land, lagen die Angaben nur geringfügig darunter, 22 % äußerten ein sehr großes oder großes Interesse.
Wir sollten die Chancen, die hiermit für die Kultur verbunden sind, nutzen.

Lassen Sie mich zum Schluss auf eine weitere Möglichkeit eingehen, wie wir Integration fördern und den immer wieder gefährdeten Zusammen¬halt unserer Gesellschaft festigen können: auf den interkulturellen und interreligiösen Dialog.

Die Bedeutung des interkulturellen Dialogs wird in diesem Jahr groß geschrieben -2008 ist das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs.

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In meinem Ministerium habe ich am Dienstag hierzu eine Ausstellung eröffnet "Zwei Welten".
Die Ausstellung macht eindrucksvoll deutlich, wie junge Menschen einen oft schwierigen Spagat zwischen der Kultur ihres Herkunftslandes und der Kultur in Deutschland schaffen.
Viele haben mit Vorurteilen zu kämpfen, viele sind weder in ihrem Herkunftsland noch in Deutschland ganz zu Hause.

Ich bin sicher, es reicht nicht, wenn wir ihnen gegenüber allein den wichtigen Aspekt des Respekts gegenüber hiesigen Regeln und Gebräuchen betonen.
Wir sollten das zwar tun, in der Vergangenheit wurde das auch sicher nicht ernst genug genommen.

Wir müssen aber zugleich stärkere Signale setzen, dass alle, die sich an diese Regeln halten und Respekt zeigen, wirklich in unserer Mitte willkommen sind.
Wir können es den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte -und uns allen ¬einfacher machen, wenn wir mehr miteinander als übereinander reden.
Sonst ist es auch kein Wunder, wenn die Debatte auf beiden Seiten stark von pauschalen Zuschreibungen und selten von differenzierten Betrachtungen geprägt ist.

Wir müssen insbesondere daran arbeiten, dass noch mehr sachliche Information über den Islam in die Öffentlichkeit gebracht wird, und noch mehr Begegnungen mit Muslimen zu Stande kommen.
Genau so wichtig und notwendig ist es auch, dass Informationen und Begegnungen in die Gruppe der Muslime hineinwirken. Denn auch hier kursieren immer noch Fehlinformationen und Unwissen über das Verfassungs-und Werte¬fundament der Gesellschaft und des Staates.
Wir sind ein freiheitlich säkularer und weltanschaulich neutraler Staat.

Aber: Weltanschaulich neutral heißt gerade nicht wertneutral. Unser Staat steht für Werte ein: Die Bewahrung der Würde des Menschen, die Meinungsfreiheit und auch die Religionsfreiheit, um nur einige zu nennen.

Dass sie heute Kernelemente unserer Verfassung sind, ist eine Lehre aus der dunkelsten Zeit unserer Geschichte.

Und daran sollten wir uns besonders am heutigen Tag, dem 27. Januar, erinnern.

Unsere Geschichte verpflichtet uns dazu, die Erinnerung lebendig zu halten. Wir dürfen nie vergessen, welchen verhängnisvollen Irrweg wir gegangen sind, welches Leid wir über andere Länder und Völker gebracht haben.

Unsere Geschichte verpflichtet uns in besonderem Maße, für Toleranz und Demokratie einzustehen. Jede und Jeder, nicht nur an Sonntagen und Gedenktagen, sondern Tag für Tag und überall.


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