Lesung in der Jugendbücherei
Düren: Vom schwierigen Ausstieg aus der Neonazi-Szene
Von Redaktion [03.09.2009, 09.39 Uhr]
![]() Autorin Heidi Hassenmüller bei der Lesung in der Dürener Jugendbücherei |
Mit ungläubigem Staunen verfolgten die 15 - 16 jährigen die Entstehungsgeschichte des Buchs “Schwarz – Rot – Tot”: Vor einer Lesung in Greifswald im Osten Deutschlands war Heidi Hassenmüller irrtümlich als holländische Autorin (als gebürtige Hamburgerin lebt sie seit 1974 in den Niederlanden) angekündigt worden, die in ihrem Buch “Gute Nacht, Zuckerpüppchen” über das Sexualverhalten (Missbrauch durch den Stiefvater) “aufrechter” deutscher Männer schreibe. Dies hatte zu Ärgernis und Wut in der dortigen örtlichen Nazi-Skinheadszene geführt. Der Sohn der Bibliothekarin wurde von Nazi-Skins in diesem Zusammenhang angegriffen.
Das Buch wurde dann in der Schweiz verfilmt und auch dort hatte Heidi Hassenmüller Ärger mit der rechten Szene. Diese Vorkommnisse waren Auslöser für neunmonatige schwierige Recherchen in der deutschen Neonaziszene; ihre Erlebnisse verarbeitete sie in dem Buch, aus dem sie abschnittweise immer wieder vorlas. Heidi Hassenmüller betonte, dass es sich anhöre, als würde sie aus einem billigen Krimi lesen, aber alles, was sie geschrieben habe, entspreche - mit geänderten Namen - der Wahrheit.
Zu Beginn der Lesung sagte die Autorin, es seien für dieses Buch die schlimmsten Recherchen gewesen, die sie jemals durchführte.Das wird spätestens klar, als Heidi Hassenmüller bei ihrer Lesung zu der Stelle kommt, an der Udo als Spitzel in einem Asylbewerberheim eingesetzt wird, Informationen und Lagepläne des Heims an seinen Nazifreund Willi weiter gibt und Mehmet, ein Mitschüler Udos, der in dem Heim ehrenamtlich als Übersetzer arbeitet, “verunfallt” (vor die Bahn wirft.
Udo fühlt sich an Mehmets Tod mit schuldig, er beginnt seinen schwierigen Ausstieg aus der Szene.
![]() Die Jugendbücherei hatte Bücher zu Hintergrundinformationen für die SchülerInnen ausgestellt. |
Die Autorin räumte immer wieder Zeit für Zwischenfragen an die Schüler ein, so z. B.: “Wer war von euch schon einmal bei solch einem Treffen?” Niemand meldete sich. Sie las von dem ersten Treffen in der Naziszene, das Udo (und sie persönlich) in einer Mischung aus spießiger und politisch aufgeheizter Stimmung erlebten. Sie berichtete von typischen Erkennungsmerkmalen, erklärte aber auch, dass nicht alle Neonazis aussähen wie man sich die Naziskins vorstelle, sondern durchaus auch männliche Lockenköpfe und Herren in Anzug und Krawatte darunter seien.
Aus den Reihen der Schüler gab es viele Fragen an Frau Hassenmüller. Die Frage, ob es bei den Neonazis wirklich so etwas gebe wie “Todeslisten” wurde von der Autorin bejaht. Sie erklärte, dass die Elite und die Schlägertruppen aus der deutschen Neonaziszene in Palästina ausgebildet worden seien und im Zusammenhang mit der Terroristenszene zu sehen seien. Für einige Hintergrundinformationen musste die Autorin weiter ausholen, z. B. als es um die Rolle Horst Mahlers ging.
Die Jugendbücherei hatte Bücher zu Hintergrundinformationen für die SchülerInnen ausgestellt.
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