Wahl zu Miss und Mr. FH

Das harte Los, ein Jury-Mitglied zu sein
Von Arne Schenk

Die Wahl von Mister und Miss FH Aachen 2005/2006? Hört sich nach einem coolen Job an: nette Leute treffen, ab und zu auf die Bühne schauen, wie sich die Kandidaten anstellen und den richtigen Augenblick für einen Schnappschuss abpassen, und nach spätestens zwei Stunden bin ich wieder ’raus. Hab’ ich gedacht. Aber dann kam alles ganz anders. „Wir brauchen noch unbedingt jemanden für die Jury!“ Ranjila Tiruchelvam schaut mich mit hoffnungsvollem Blick an. „Und was kann ich dafür?“ möchte ich ihr am liebsten entgegenwerfen, aber wer kann Ranjilas Lächeln schon widerstehen? Meine Gedanken spielen Ping-Pong auf höchster Leistungsebene. Zwischendurch rutschen sie aus meinem Mund in Form von Fragen. „Was muss ich dabei tun? Wie läuft das Ganze ab? Wie bewertet man die Anwärter? Ranjila gibt mir eine kurze Einweisung. Drei Mal. Ich bin hartnäckig. Immerhin sitze ich als Jurymitglied wie auf dem Präsentierteller. Wer möchte da schon Fehler machen?

Ich nehme Platz neben meinen Mitjuroren Prof. Dr. Dr. Aysegül Temiz Artmann, Prof. Dr. Burghard Müller, Fachlehrer Georg Wählisch und Alexander Plum vom Team WOF Physio und lehne mich zurück in Anbetracht der Dinge, die da kommen werden. Der erste Durchgang der Herren verläuft recht locker. Zehn Studenten stolzieren betont lässig in Freizeitkleidung über den Laufsteg. Nicht schlecht für einen Haufen Amateure.

Wie soll ich sie nur beurteilen? Mir stehen Noten von 1 bis 10 zur Verfügung, wobei ich auch die erste Stelle hinter dem Komma nutzen darf. Ich versuche, den Kandidatenvorstellungen gerecht zu werden. So schlecht, dass ich eine 1 oder gar eine 0 vergeben müsste, ist keiner der Anwärter. Aber bis zu einer 3,5 gehe ich schon runter. Dafür sind einige 9er-Kandidaten durchaus dabei, ohne dass ich ein schlechtes Gewissen haben müsste. Ich bemühe mich, nicht vom dem Klatschen, Pfeifen und Johlen des Publikums anstecken zu lassen, obwohl es schon ein guter Gradmesser ist.

Die Runde ist vorbei, die Wertungskarten werden schleunigst eingesammelt. Moderator Miko Sylvain aus Kamerun überbrückt mit flockigen Worten die Rechenpause, während die Inderin Angelika Basu und der Libanese Atif Karama hektisch die Wertungen addieren. Das Ergebnis wird Miko in einem Umschlag ausgehändigt. Acht kommen durch, die Nummer 2 und 5 leider nicht.

Dann ist Girls Time. Ein Dutzend von ihnen stellen sich zur Schau, ebenfalls in legerer Montur. Wobei „leger“ bei den Damen natürlich sehr relativ gemeint ist. Immerhin möchten sie ja etwas für das Auge bieten. Mir ist es recht, und überhaupt passt ja auch „relativ“ zu einer FH mit Richtung Angewandte Naturwissenschaft und Technik wie das Präparat unter dem Mikroskop aufs Auge.

Mädchen zu beurteilen, fällt mir entschieden leichter. Klar, ich bin ja auch ein Kerl. Aber ich finde, dass die Unterschiede deutlicher sind als vorher. Ich zwinge meinen Blick weg von den hübschen Gesichtern hinunter zu den Laufinstrumenten. Eleganter Gang, geschickte Hüftdrehung, ohne die Schultern fallen zu lassen: Ja, das ergibt eine 9,2. Zufrieden mit dem Gesehenen und meinem Urteil, lehne ich mich zurück, genieße den Augenblick. Dann the same procedure as before: Da waren es nur noch acht. Für die Nummern 2, 3, 7 und 9 ist die Prozedur leider bereits beendet.

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Für die 16 „Überlebenden“ auf beiden Seiten des menschlichen Geschlechts steht nun die Vorstellung in Abendgarderobe an. Ups, nicht jeder Mann weiß, wie er in einem Jacket wirkt. Und nicht jede Dame versteht es, sich auf hochhackigen Pumps zu bewegen. Damit heißt es sich von Nummer 1, 4 und 10 bei den Anzugträgern sowie 6, 10 und 11 bei der Kleiderzunft zu verabschieden.

In Runde 3 werden die Übriggebliebenen von der Jury interviewt. Jeder muss eine Frage stellen. Oh je, mühsam entwerfe ich ein paar Ideen. Welche Frau er am meisten bewundere, ob Mutter Theresa, Angela Merkel, Angelina Jolie oder Marie Curie versucht Georg Wählisch Jimmy Surendran zu entlocken. „Angela Merkel“, meinte der 23-jährige Inder mit verschmitztem Jungsblick, „ich finde ihr Lächeln sehr süß.“ Gute Antwort, witzige Erklärung und vor allem clever gesetzte Pause. Das gibt Punkte.

Auf Ehrlichkeit setzt Hemaseh Sadehvand. Mit dem erfundenen Problem eines System-Absturzes kurz vor Abgabe ihrer geschriebenen Arbeit konfrontiert Prof. Burghard Müller die 22-jährige Iranerin. Tja, sie würde hemmungslos weinen und den Professor um Verständnis bitten. In derartigen Situationen sei sie halt nah am Wasser gebaut. Nicht besonders originell, aber besser als schlecht erfunden und vor allem frisch und frech von der Leben weg.
Bevor es aber zur ultimativen Siegerverkündigung kommt, stellt Genevieve Wafo aus Kamerun erst einmal das Organisationsteam des Interkulturellen Centrum Aachener Studierender (INCAS) vor. Seit Ende des Sommersemesters besitzt es ein zweites Standbein an der FH in Jülich.

Wie perfekt INCAS die ganze Wahl durchorganisiert hat, beweist ein selbst aufgenommener Film zum Schluss. Ranjila aus Sri Lanka übt mit den Mädels deren Präsentationen ein, läuft die Schritte vor, während der Libanese Charbel Attieh den Jungs die Bewegungen auf dem Catwalk an der Tafel wie des Stürmers Durchbrechen der Viererkette beim Fußballtraining simuliert.

Auch um das internationale Beiwerk hat sich INCAS gekümmert. Zeitgleich mit der Miss-/Mister-Wahl ringen auch andere internationale Köstlichkeiten um die Gunst des Publikums. Erste Wahl sind dabei internationale Leckereien von iranischem Baghali Polo, Director-General aus Kamerun bis zu deutschen Frikadellen sowie aus Griechenland, Sri Lanka, Thailand, Indien, China, Malaysia und der Türkei.

Lediglich bei der Zeitnahme haben sich die Organisatoren um anderthalb Stunden verrechnet. Nun gut, ich schalte zwischendurch mein Handy wieder ein, um noch schnell einen nachfolgenden Termin abzusagen. Das Finale lasse ich mir nun wirklich nicht entgehen. Sieger bei den Herren wird Jimmy Surendran, Zweiter der Iraner Hamid Zaudi, Dritter Franklin Kisife aus Kamerun. Eine knappe Entscheidung, aber durchweg nachvollziehbar. Bei den Damen erscheint es mir eindeutiger. Den Titel Miss FH erlangt Hemaseh Sadevand vor der Iranerin Mona Naderi und der deutschen Melissa, von der ich aber leider keinen Nachnamen habe.

Ein schöner Abend. Ich koste hier und da etwas vom Buffet, schmecke aber vor allem noch etwas von der Atmosphäre, während sich die Kandidatinnen auf der Tanzfläche amüsieren – ohne Gala-Dress. Eben noch auf der Showbühne im Fokus des Rampenlichtes und des öffentlichen Interesses, jetzt wieder anonym in der Menge. Aber offensichtlich mit kaum weniger Spaß.

Die Teilnehmerinnen an der Miss-FH-Wahl:
Hemaseh Sadevand (Iran), Mona Naderi (Iran), Melissa (Deutschland), Fadwa Tanios (Libanon), Somayeh Pouyeshman (Iran), Erlawbia Vassiliadon (Griechenland), Iman Abdalla (Ägypten), Mahsa Mayalizaden (Iran), Melyanti Melyanti (Indonesien), Baixue Zhou (China), Chen Xin (China), Hu Weiliang (China).

Die Teilnehmer an der Mister-FH-Wahl:
Jimmy Surendran (Indien), Hamid Zaudi (Iran), Franklin Kisife (Kamerun), Samer Chahrour (Libanon), Kavoos Shafe (Iran), Farzad Aghajani (Iran), Zsoet Halmaghi (Rumänien), Saeed Arshadi (Iran), Lars Kalender (Deutschland), Michel Kamgueu (Kamerun).

Das INCAS-Team besteht aus Amor Akrouti (Tunesien), Ranjila Thiruchelvam (Sirilanka), Atif Karama (Yemen), Claude Assepo (Elfenbeinküste), Haresh Bhatia (Indien), Charbel Attieh (Libanon). Karin Ahmed-Keser (Deutschland), Maxime Abi-Kather (Libanon), Genevieve Wafo (Kamerun).

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