Überlegungen zur Jülicher Marktsituation

1. Maßnahme: Überarbeitung der Marktordnung
Von Martin Marquardt

Überlegungen zur Marktsituation in Jülich vom stellvertretenden Bürgermeister Martin Marquardt im Juni 2005

Wie wird Markt definiert?:
Wirtschaftslage; Warenverkehr; Angebot und Nachfrage; Absatzgebiet; Ein- und Verkauf von Waren zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten (Getreide-, Vieh- und Wochenmarkt:;
Platz auf dem Ein-, und Verkauf stattfindet.

Vor der Innenstadtsanierung fand der Wochenmarkt auf dem Kirchplatz statt. Der Marktplatz selbst war Parkplatzfläche für PKW und Durchgangsstrasse.

Istzustand:
Marktordnung der Stadt Jülich vom 1.4.1998

Marktplatz in Jülich:
Platz in der Stadtmitte mit den einmündenden Strassen:
Marktstrasse, Kölnstrasse, Düsseldorfer Strasse, Kleine Rurstrasse.

Marktplatznutzung:

Wochenmarkt.
In der Regel findet dreimal in der Woche auf dem Marktplatz ein Markt statt.
Dienstags, donnerstags und samstags. Die Belegung durch Marktbeschicker ist unterschiedlich. Im Allgemeinen sind durch Beobachtungen in der letzten Zeit ein bis zwei Frischfleisch bzw. Käsestände, drei bis fünf Blumen-, Gemüse- und Obsthändler, sowie relativ unregelmäßig 3-4 Nonfoodanbieter auszumachen.
Die Gesamtzahlen der Anbieter bewegen sich an manchen Tagen zwischen 6 bis 7 und anderen zwischen 10 und 14. Durch die wechselnde Zahl der Anbieter ergibt sich nicht nur ein sehr wechselndes Angebot sondern auch ein optisch unregelmäßiges Bild mit störenden Lücken. Alle jetzigen Anbieter parken ihre zur Anlieferung benötigten Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe zu ihrem Marktstand, was den optischen Gesamteindruck nicht verbessert. Die den einzelnen Nutzern zugewiesenen Flächen werden oft nicht eingehalten, was zu Reibereien zwischen den Nutzern und den ansässigen Einzelhandelsgeschäften führt. Die Aufstellung der Marktstände findet zur Zeit ausschließlich im inneren Karree des Marktplatzes und im Anfang der Kölnstrasse statt. Dadurch bedingt stehen die Stände mit ihrer Rückseite zu den ansässigen Geschäften, was das Erscheinungsbild in den Wegen zwischen Markständen und Geschäften sehr unattraktiv macht. Dieser negative Eindruck wird noch durch die hier abgestellten LKW verstärkt. Hier ist ein weiteres hohes Konfliktpotenzial vorhanden.
Die Qualität und die Preise der angebotenen Waren, insbesondere von Gemüse, lassen nach in Augenscheinnahme oft zu wünschen übrig.
Stadtfeste:
Sommerkirmes, Stadtfest, Erntedankfest, sonstige unregelmäßigen Veranstaltungen nach Anmeldung beim Ordnungsamt.
Sie finden an den Wochenenden und darüber hinaus statt. Während der Stadtfeste werden die Wochenmärkte in die Seitenstrassen, vorwiegend in die Düsseldorferstrasse, verlagert.
Das hat zur Folge, dass die Marktstände sich noch unkoordinierter auf der zur Verfügung stehenden Fläche der Düsseldorfer Strasse drängen. Das geht soweit, dass selbst Eingänge und Schaufenster der vorhandenen Geschäfte zu gestellt werden. Leere LKW stehen in den Zugangsstrassen als Durchfahrtssperre. Von Attraktivität kann hier nun erst recht nicht mehr gesprochen werden. Dass die Marktbeschicker von Stadtfesten begeistert sind, ist nicht zu erwarten.
Der Aufbau der Stände bei den Stadtfesten unterliegt den gleichen negativen Gegebenheiten, mit der Folge dass sich einige der ansässigen Geschäfte nicht mehr an den verkaufsoffenen Sonntagen beteiligen.

Marktplatzfläche:
Der Marktplatz wird eingegrenzt von kleinen Einzelhandelsgeschäften, Cafes, einer Kneipe und Banken sowie vom Alten Rathaus. Der westliche Teil der Bebauung befindet sich in einem optisch unzulänglichen Zustand. An dem renovierungsbedürftigen Bau sind zu allem Überfluss auch noch an zahlreichen Fenstern Satellitenschüsseln angebracht. Im Abstand zur Bebauung in regelmäßigem Abstand zueinander frei beschnittene Platanen. Zwischen den Platanen befinden sich Lampen, Bänke, Fahrradständer und andere Möblierung. Die Platanen bedecken und behindern durch ihren unregelmäßigen Schnitt einen wesentlichen Teil des Wirtschaftsraums des Platzes.

Angrenzende Strassen

In den angrenzenden Strassen, insbesondere der Düsseldorfer Strasse sind empfindliche Leerstände zu verzeichnen. Die Ursachen hierfür sind auch, allerdings nicht nur in der unzureichenden Marktsituation zu suchen. Die Umsätze der hier ansässigen Geschäfte sind eher als mäßig zu bezeichnen.

Werbung

Konsequenzen

Wochenmarkt:

Ein gut besuchter, d.h. ein gut funktionierender Markt hat immer auch eine positive Ausstrahlung auf das übrige Geschäftsleben einer Stadt. Der Markt ist ein essentiell wichtiger Bestandteil städtischen Lebens und ist auch ein wirksames Mittel den latenten Leerständen von Ladenlokalen entgegen zu wirken.


Das setzt allerdings auch einiges voraus!
Zum einen müssen gute räumliche Voraussetzungen geschaffen und zum anderen müssen die Marktregeln den Bedürfnissen sowohl der Marktbeschicker als auch der Marktbesucher angepasst werden.

Vergleicht man den Jülicher Wochenmarkt mit Märkten anderer vergleichbarer Städte, besteht mit der vorab beschriebenen Situation eindeutig Handlungsbedarf. Auf Grund der eher dürftigen Anzahl der Beschicker, ist es notwendig, weitere Beschicker zu werben und zu gewinnen. Dazu muss ein Werbeflyer erstellt werden, der auf anderen Wochenmärkten regelmäßig verteilt wird. Dabei sollte bis in die Grenzbereiche des benachbarten Auslands gegangen werden. Bei diesen Märkten, bestehen zum Teil Wartelisten von Bewerbern. Durch Gespräche mit den Verantwortlichen (Stadtverwaltungen) sollte geklärt werden, ob es Möglichkeiten für eine Kooperation gibt, z.B. Weitergabe der Wartelisten.
Der Wochenmarkt in Vaals besteht erst seit ca. 15 Jahren und findet nur einmal in der Woche (Dienstag) statt. Vaals hat ca. 10.000 Einwohner (Stadt ca. 7.000). Nach anfänglichem Widerstand der ansässigen Kaufmannschaft, hat sich der Markt eine hervorragende Stellung im Vaalser Mittelstandsbereich erworben und trägt maßgeblich zur Prosperität der Stadt bei. Dabei spielt natürlich die Nähe zu Aachen auch eine Rolle. In Vaals besteht eine Warteliste. Der Marktplatz in Vaals umgibt das Rathaus und ist auch mit Bäumen bestückt.

Der Jülicher Wochenmarkt findet an drei Tagen in der Woche statt. Es ist zu überlegen, ob es Sinn macht, die drei Tage zu Themenmärkten zu spezialisieren, z.B. Dienstag Käsemarkt, Donnerstag Fischmarkt, Samstag allgemeiner Markt. Natürlich sollten alle sonstigen Lebensmittelangebote an allen Tagen angeboten werden, aber dann mit dem jeweils entsprechenden Schwerpunkt.
Auch sollte die Frage nach nur zwei Markttagen nicht tabu sein, wenn sich herausstellt, dass weniger Tage effektiver sind.

Wochenmarktfläche

Der Stellbereich des Marktes sollte auf die einmündenden Strassen ausgedehnt werden und zwar vom Hexenturm bis Poststrasse und vom Probst-Bechte-Platz bis zu großen Rurstrasse. Der Kirchplatz muss wieder in das Marktgeschehen einbezogen werden. Dazu sind die Blumenkübel entlang der Kölnstrasse zu entfernen. Die Möblierung des gesamten Bereiches muss überprüft werden, wo durch Umstellung bzw. durch Wegnahme Platz geschaffen werden kann. Die Platanen müssen einen den Bedürfnissen der Aufstellungsmöglichkeiten der Stände entsprechenden Schnitt bekommen. Vom freien Schnitt zu sogen. Dachplatanen, baumschultechnisch ist das möglich.

Marktstände

Die Aufstellung der Marktstände muss derart erfolgen, dass sie den angrenzenden, bzw. gegen überstehenden ansässigen Geschäften nicht die Rückseite ihrer Hinterhofathmosphäre zuwenden.
. Zu überlegen ist, ob es Sinn macht, ähnlich wie bei anderen Märkten, einen Anbieter von Standardmarktständen zu verpflichten. Das hätte den Vorteil, dass das Bild des Marktes größtenteils einheitlich wäre. Weiterer Vorteil wäre, dass die Beschicker nicht selbst Stände vorhalten müssten, was für den einen oder anderen sicher bei der Entscheidung für Jülich eine Rolle spielen dürfte. Man sollte damit zumindest mit einem Teil des Marktes (z.B. Kirchplatz) beginnen, auch um die Vorteile dieses Systems Anderen zu demonstrieren.
LKW, die nicht als Marktstand ausgewiesen sind wie Frischfleisch- und Käsestände mit der notwendigen Kühleinrichtung, haben auf dem Marktplatz nichts zu suchen. Sie dürfen nur zur An- und Ablieferung den Marktplatz befahren.

Warenangebot:

Das Warenangebot sollte vielfältig und nur auf wenige Ausnahmen unbeschränkt sein. Welche Waren ausgeschlossen werden sollen, muss in der Marktordnung festgelegt werden. Es muss neben den Lebensmittelangeboten auch sog. non food Angebote geben. Auf welche Waren sich das beschränkt, regelt ebenfalls die Marktordnung. Vor allem sollte darauf geachtet werden, dass die Qualität der Angebote einem Mindeststandard entspricht. Auch hier sollten wir von unseren Nachbarn lernen.

Qualität und Preise auf dem Wochenmarkt müssen ein Niveau erreichen, das in Konkurrenz zu den umliegenden Supermärkten steht.

Marktordnung:

Eine der ersten Handlungsmaßnamen sollte die Überarbeitung der Marktordnung der Stadt Jülich sein.

Eine Reihe von Geboten und Verboten sind nicht mehr zeitgemäß. Die Marktordnung sollte ständig neuen Gegebenheiten angepasst werden, da auch das Warenangebot, sich zum Teil ständig verändert. Regeln müssen nicht zwangsläufig einengend sein, aber je komplexer ein Gemeinschaftsgebilde wird, je stringenter müssen sie eingehalten, aber auch kontrolliert werden.

Marktmeister:

Die Position des Marktmeisters muss genau definiert und gestärkt werden, weil mit ihm die Einhaltung der Marktordnung unmittelbar verbunden ist. Je größer ein Markt wird je deutlicher müssen die Regeln eingehalten und vor allem auch kontrolliert werden s.o. Er hat u. a. dafür Sorge zu tragen, dass es bei Unstimmigkeiten, z. B. bei der Belegung der zugewiesenen Flächen oder anderen marktbedingten Problemen, nicht zu Auseinandersetzungen zwischen den Beschickern kommt. Ihm kommt eine besondere Verantwortung zu. Der Marktmeister sorgt für eine gute Marktathmosphäre, die sich wiederum auf die Marktbesucher und damit auf ihr Kaufverhalten auswirkt.

Stadtfeste u.ä:

Die Aufstellung der einschlägigen Geschäfte, die insbesondere auf den Stadtfesten und Kirmessen auftreten, müssen auch so aufgestellt werden, dass die ansässigen Geschäfte nicht behindert und oder benachteiligt werden, s.o.
Stadtfest soll heißen, dass es jedem möglich sein muss davon zu profitieren, sowohl den Kirmes- und Fahrgeschäften, als auch den ansässigen Geschäften der Stadt, sonst macht die sonntägliche Möglichkeit zum Einkauf keinen Sinn.

Der Markt wird an diesen Tagen, wie bisher, in die Düsseldorfer Strasse ausgelagert. Hierbei bedarf es aber einer besseren Organisation. Um das jetzige Chaos an diesen Tagen zu vermeiden, muss sich der Wochenmarkt bis zum Probst-Bechte-Platz ausdehnen und entzerren, um sich evtl. bis auf den Schulhof des Gymnasiums auszubreiten. Die Nähe zum Zitadellenparkplatz ist dabei nicht unattraktiv und hilfreich. Dazu gehört auch, dass am Parkhausausgang Düsseldorfer Strasse ein Bezahlautomat aufgestellt wird.

Umgebende Gebäude:

Die Gebäude, die insbesondere den Marktplatz einschließen sollten zumindest optisch so hergerichtet werden, dass sie nicht abstoßend wirken. Das betrifft insbesondere den westlichen Wohnblock mit seinen Sattelitenantennen und seiner maroden Fassade, sowie das Erscheinungsbild des Alten Rathauses.

Zielvorstellung:

Die Ausdehnung des Marktes sollte zumindest an Samstagen vom Hexenturm bis an die Poststrasse und von der Großen Rurstrasse bis zum Propst-Bechte-Platz reichen.
Der Markt bzw. die Märkte in Jülich müssen so attraktiv werden, dass die Kölner und Düsseldorfer, die heute nach Heerlen, oder Eygelshoven zum Markt fahren, vorher Jülich besuchen. Was sie anschließend machen sollte uns nicht ernsthaft interessieren, außer dass sie mit guten Einkäufen unsere Stadt verlassen und wiederkommen.

Schlussbemerkung:

Dass eine Einrichtung, wie der Jülicher Wochenmarkt seine Gewohnheiten hat, von denen man ungern lässt, sowohl auf der Beschickerseite als auch auf der Besucherseite, ist normal. Das es bei diesem Vorhaben, wie bei allen Veränderungen Befürworter und Gegner geben wird, ist auch nichts Fremdes. Wer aber den Markt mit der Sicht des Vorgenannten betrachtet, wird schnell feststellen, dass es lohnt sich damit auseinander zu setzen. Das Sprichwort: „Konkurrenz belebt das Geschäft“ ist nirgendwo realer als auf einem guten Markt.

Der Wunsch nach Belebung des Marktplatzes kann nicht heißen, dass noch mehr Spielgeräte, Bänke und Fahrradständer aufgestellt werden, die einen ordentlichen Marktbetrieb eher behindern. Um auszuruhen, zu entspannen und zu spielen, gibt es bessere und angenehmere Möglichkeiten in unmittelbarer Nähe zum Marktplatz. Belebung des Marktesplatzes heißt, ihn wieder zu dem zu machen, was er in seiner ursprünglichen Bedeutung immer war. Dann ist er auch an Tagen belebt, an denen kein Markt ist, mit seinen Cafes und Kneipen. Ein Marktplatz ist ein Wirtschaftsraum; keine Parklandschaft und nur eingeschränkt für Freizeitgestaltung geeignet, s.o.

Die augenblickliche Diskussion über die Befahrbarkeit des Marktplatzes, wenn auch nur eines Teiles davon, wirkt zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv. Es muss ein Gesamtkonzept durchgesetzt werden, wie es wie vor skizziert worden ist. Natürlich kann das nur Etappenweise geschehen. Ist dann aber das Konzept verwirklicht, lösen sich viele der jetzt vorhandenen Problem von selbst. Das hektische herumdoktern an Symptomen bringt eher eine Verschlechterung denn eine Verbesserung der Situation.

Die Umsetzung der oben genannten Veränderungen und Verbesserungen ist Wirtschaftsförderung pur, und zwar ohne großen Finanzeinsatz. Außer den optischen Gebäudeverbesserungen, die z.T. aus privater Hand kommen müssen, dem Baumschnitt und den Veränderungen am Mobiliar, ist nur ein rein organisatorischer Aufwand zu leisten

Unsere Stadt verdient es, dass wir uns dieser Aufgabe annehmen!


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