Ansprache von Bürgermeister Heinrich Stommel anlässliche der Ausstellungseröffnung

Museum Zitadelle als Standort mit dem Thema „Mensch und Krieg befasst“
Von Heinrich Stommel [29.04.2005, 14.44 Uhr]

Sehr geehrte Damen und Herren,
im April 2003 wehte die Fahne über dem Zitadellentor auf Halbmast – als Protest gegen das Vorhaben Frieden durch Krieg erreichen zu wollen... der Irak-Krieg hatte begonnen.

In verschiedenen Museen wurden damals aus Protest gegen den Krieg die drei Großen Kriegszyklen von Callot, Goya und Dix gezeigt. Diese künstlerischen Proteste entstanden in er Vergangenheit unter den Eindrücken des 30jährigen Krieges, der napoleonischen Zeit und des 1. Weltkrieges.
Das Museum Zitadelle Jülich ist schon allein durch seinen Standort mit dem Thema „Mensch und Krieg“ befasst. Zu den Festungsjubiläen 450 Jahre Zitadelle und 200 Jahre Brückenkopf 1999 stellte das Museum aus seiner Sammlung die Zyklen von Callot und Goya in einer viel beachteten Präsentation aus. In der Zwischenzeit kam das Mappenwerk von Otto Dix, „Der Krieg“ von 1924 dazu, dass nun erstmals in Jülich ausgestellt wird.

Die Stadt Jülich ist durch ihr Schicksal auch insgesamt untrennbar mit dem Thema „Mensch und Krieg“ verbunden. Sechzig Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges blicken wir dankbar auf eine lange Zeit des Friedens in unserem Land zurück. Unser Gedenken an die Zeit des 2. Weltkrieges begann schon vor dem Jahrestag der Zerstörung Jülich am 16.11.1944, am 29. September an der Gedenkstätte für das Zwangsarbeiterlager Jülich-Süd, wo Menschen aus ganz Europa schutzlos den Bomben ausgeliefert waren. Das Museum Zitadelle hat mit der Untersuchung der Lagerbereiche am ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk zur Unterschutzstellung als Bodendenkmal ein Zeichen gesetzt, dass sich die Stadt nicht allein als Opfer begreift, sondern den gesamten Kontext des 2.Weltkrieges in den Blick nimmt. Als beispielhaftes Projekt sind Ergebnisse dieser Untersuchung momentan in der Landesausstellung zur Archäologie in Nordrhein-Westfalen in Köln zu sehen. Auch im Glaspavillon am Eingang des Museums Zitadelle wird dazu eine Vitrine präsentiert. Immer wenn sich über einzelne Funde das Schicksal eines konkreten Menschen andeutet, bekommt die historische Spurensuche eine besondere Relevanz für den heutigen Betrachter – Schicksale in der Geschichte wie auch heute betreffen niemals nur anonyme Massen sondern immer einzelne Menschen!

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Nach den Gedenkfeiern zu den Bombenangriffen 1944 können wir heute die Ausstellung von Otto Dix eröffnen – „Bilder die nicht geholfen haben“ könnte man sie auch nennen, genauso wie die Werke anderer Künstler wie z.B. Käthe Kollwitz, die in zwanziger Jahren massiv gegen den Krieg arbeiteten. Wenn wir heute diese Ausstellung eröffnen, sind wir uns bewusst, dass allein das Wissen um die schrecklichen Folgen von Krieg noch keinen Krieg verhindert haben. Aber gerade weil Krieg so untrennbar mit dem Wesen des Menschen verbunden scheint, müssen wir uns dieser dunklen Seite immer wieder stellen – um hoffentlich etwas für den Frieden tun zu können. Eine Friedenserziehung kann nicht anbefohlen werden, sondern kann nur das Ergebnis freier Angebote sein, die jeder einzelne für sich nutzen kann. Von daher freue ich mich besonders, dass diese Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium Zitadelle der Stadt Jülich stattfindet – vielen Dank Herr Direktor Reichard - und Basis für verschiedene Aktionen in einzelnen Klassen sein wird.

Dem Förderverein Festung Zitadelle Jülich danke ich im Namen des Museums für die gemeinsame Arbeit und gemeinsame Finanzierung der Ausstellung – den „Aktivisten“, besonders Herrn Kielhorn, ein besonderes Dankeschön. Nicht zuletzt möchte ich auch der Kultur- und Naturstiftung der Sparkasse Düren Dank sagen - ich begrüße stellvertretend Herrn Willner vom Vorstand der Sparkasse -, die die Ausstellung und das museumspädagogische Programm finanziell unterstützt hat.

Eine Botschaft soll diese Ausstellung wie auch die anderen Aktivitäten des Museums vermitteln: Wir können uns unsere Geschichte nicht aussuchen – genau so wenig wie Kindern sich Eltern aussuchen können. Vergangenheit ist eine massive Prägung und Vorgabe, der wir bewusst gegenüber treten müssen. Aber wir müssen nicht dabei stehen bleiben:

Sonst hätte aus der Zitadelle nie etwas anderes werden können als eine militärische Anlage,

sonst wären wir nur Marionetten der Vergangenheit.

Wir haben nicht die Chance den Ausgangspunkt unseres Weges zu wählen, aber die Wahl der Richtung und unseres Zieles liegt bei uns!

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